#3 Intersektionalität in Dekolonisierungsdebatten

Shownotes

In der dritten Folge besprechen wir die Erkenntnisse und Impulse eines vom BER und Decolonize Berlin veranstalteten Netzwerktreffens zur Verwobenheit intersektionaler und dekolonialer Ansätze in unserer Praxis und widmen uns der Verknüpfung intersektionaler und dekolonialer Ansätze in der Praxis für mehr globale Gerechtigkeit. Gemeinsam mit Maisha Auma, Erziehungs- und Genderwissenschaftlerin sowie bis 2024 Professorin für intersektionale Diversitätsstudien, des Intersectional Black European Studies Projekt der TU Berlin und Sarah Mouwani Bildungsreferent_in bei I – PÄD der Kompetenzstelle für intersektionale Pädagogik reflektieren wir, wie sich diese untrennbaren Konzepte in unserer Praxis umsetzen lassen. Eine zentrale Frage lautet: Für wen sind (Bildungs-)Räume zugänglich und wer wird ausgeschlossen?

Die Konzepte von Dekolonialität und Intersektionalität sind aufgrund ihrer Entstehungsgeschichten untrennbar miteinander verwoben. Sie müssen zusammen gedacht werden, um koloniale Strukturen und Narrative zu durchbrechen. Auch wenn Akteur*innen Intersektionalität in dekolonialen Prozessen bereits mitdenken, findet sich dies in der praktischen Umsetzung oft noch nicht wieder. In der Folge betonen wir, dass durch offenen Dialog und das Teilen von Macht Veränderung möglich ist. Welche Communities fehlen noch, wie können wir sie miteinbeziehen? Wen schließen wir durch die Vernachlässigung der Dimension von Ableismus aus? Wie viel Zeit nehmen wir uns für schwer lösbare Fragen in einer Gesellschaft, die auf der Ausbeutung von Mensch und Zeit aufbaut? Welche Verantwortung tragen Organisationen, um diskriminierende Strukturen zu verändern?

Diese Folge regt dazu an, innezuhalten, unbequeme Fragen auszuhalten und über die Zusammenhänge der Unrechtssysteme Kolonialismus, Rassismus, Patriarchat und Kapitalismus kritisch nachzudenken.

Decolonize Berlin Ipäd Maisha Auma, [ADEFRA ](http://www.adefra.com/ ) https://www.aau.at/blog/dr-in-maureen-maisha-auma-gastprofessorin-am-uzfg-sommersemester-2024/ https://www.berlin-university-alliance.de/commitments/diversity/audre-lorde/auma/index.html

EPIZ Faire Schule
RAA Berlin

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00:00:00: Herzlich willkommen bei unserer Podcastreihe "Bärpot" bei Berlin Global Gerecht.

00:00:14: Zu unserer dritten Folge zum Thema "Verwobenheit intersektionaler und dekoloniale Ansätze

00:00:21: in unserer Praxis".

00:00:22: Und auch noch mal ein herzliches Willkommen an die neuen Zuhörer*innen.

00:00:27: Mein Name ist Dina Arping.

00:00:28: Ich bin politische Referentin für Dekolonisierung beim Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlag.

00:00:34: Und genau, wir haben bisher zwei Folgen in der Podcastreihe aufgenommen.

00:00:39: Einmal zu Strategien und Impose für dekoloniale Perspektiven auf Berlin und Berliner Stadtpolitik.

00:00:44: Und eine zweite Folge zu Bezügen globaler Gerechtigkeit stärken mit meinem Kollegen Serta Stünder.

00:00:51: Könnt ihr gerne nachhören.

00:00:52: Und heute begrüße ich ganz herzlich Joharra Sahan von The Colonies Berlin, die heute mit

00:00:57: mir im Gespräch zum Thema "Intersektionalität und Dekolonisierung in unserer Praxis" sprechen

00:01:03: wird.

00:01:04: Und ich freue mich, dass es geklappt hat und dass du da bist.

00:01:07: Ja, vielen Dank für die Einladung.

00:01:09: Genau, ich bin Joharra Sahan, ich erinnere mich an die Kononomen C.I.E.

00:01:11: und ich bin von Hause aus sozusagen Afrika-Wissenschaftlerin und Ethnologin.

00:01:17: Ich positioniere mich als Schwarz, Leitzkind, aber Schwarz.

00:01:21: Und als Queer.

00:01:22: Genau, ich bin bei der Koordinierungsstelle "The Colonies Berlin".

00:01:26: Ich war ursprünglich als Aktivistin schon im Bündnis seit 2020 mit dabei und arbeite

00:01:30: jetzt seit 22 in der Koordinierungsstelle und bin gerade dabei, den Bereich der Bildung

00:01:36: aufzubauen.

00:01:37: Also arbeite jetzt als Referentin für Bildung und wir verstehen die Kolonisierung als ein

00:01:41: fortlaufenden Prozess der Kontinuitäten, die heute noch in der Gesellschaft sichtbar

00:01:46: sind, aufzuarbeiten.

00:01:47: Das heißt, es geht eben nicht nur um die Vergangenheit, sondern auch um das, was weiter

00:01:51: strahlt in die Zukunft.

00:01:52: Und was mich persönlich beschäftigt, sind, ich arbeite viel als Aktivistin auch zu Menschenrechten.

00:01:57: Ich bin ehrenamtlich viel im Queerbereich unterwegs und ja, deswegen ist für mich

00:02:02: Intersektionalität ein totales Herzensthema.

00:02:04: Vielen Dank für deine Vorstellungen und Einführungen, die Bereiche, auf was dich umtreibt und welche

00:02:10: Erfahrungen und Perspektiven du mitbringst.

00:02:12: Vielleicht nochmal zum Hintergrund, ausgehend von unseren Arbeitsbereichen von T'Harao'n

00:02:17: mir und eben unserem theoretischen und praktischen Auseinandersetzungen mit und in die Kolonisierung

00:02:24: Prozessen und intersektionalen Analysen.

00:02:26: Haben wir eine Veranstaltung organisiert, ausgehend von Diskussionen oder unseren Beobachtungen

00:02:32: und Diskussionen in unterschiedlichen zivilgesellschaftlichen Räumen, wo eben die Kolonisierung und Intersektionalität

00:02:38: noch so nebeneinander verhandelt oder besprochen werden.

00:02:41: Unter anderem für den Bär oder für mich, wie ich das wahrgenommen habe, aus dem Bär-Frauen-Sternchen-Vernetzungstreffen

00:02:49: und Runden.

00:02:50: Das ist ein Bedarf, gibt sich dazu auszutauschen und eine große Komplexität, aber auch Diskussionen

00:02:55: im Bündnis "Die Koloniales Berlin", wo der Bär auch Mitglied ist und sich mit für

00:03:00: den "Die Koloniales Berlin" einsetzt und natürlich auch ausgehend von unseren Arbeitsbereichen,

00:03:05: theoretischen und praktischen Auseinandersetzungen und den Fragen, die wir uns gestellt haben,

00:03:09: wie können wir dieses nebeneinander stehen, von Intersektionalität und Dekolonisierung

00:03:14: auflösen?

00:03:15: Haben wir zusammen die Veranstaltung organisiert, wo wir Maisha Auma als Erziehungs- und Genderwissenschaftlerin,

00:03:23: Professorin für Kindheit und Differenz sowie Gastprofessorin am Zentrum für interdisziplinäre

00:03:28: Frauen und Geschlechterforschung als Expertin eingeladen haben und Sarah Mouani als Bildungsreferent

00:03:34: in bei iPad der Kompetenzstelle für intersektionale Pädagogik mit Schwerpunkten in der Antirassismusarbeit

00:03:41: und der Bekämpfung von Behindertenfeindlichkeit, die als Expert*innen mit uns diskutiert und

00:03:46: sich ausgetauscht haben zu genau unseren Fragestellungen?

00:03:50: Es ging darum zu erörtern, wie eben Dekoloniale und intersektionale Ansätze miteinander

00:03:55: verwoben sind und wir hatten uns schon öfter darüber unterhalten, dass es ja eigentlich

00:04:00: so sein sollte nach unserem Verständnis, dass Dekolonisierung per se intersektional sein

00:04:05: muss oder gedacht werden muss und warum es denn eigentlich nicht klar ist, dass Intersektionalität

00:04:10: auch als ein zentrales Konzept aus einer schwarzen feministischen Bewegung ein wesentlicher

00:04:15: oder zentraler Bestandteil von Dekolonisierung und Dekolonisierungsprozessen ist und bei

00:04:20: unserer Veranstaltung lag der Fokus auf dem Bildungsbereich und das Gespräch heute von

00:04:27: Johara und mir dient auch einerseits als Nachbereitung, als Auswertung und auch Verarbeitung von

00:04:34: unserem Fachgespräch.

00:04:36: An dieser Stelle möchten wir noch einmal explizit darauf hinweisen, dass wir in dieser Folge

00:04:40: auf kollektives Wissen zurückgreifen und wir finden es total wichtig, gerade bei diesen

00:04:46: sensiblen Themen dies entsprechend noch einmal anzuerkennen und hervorzuheben.

00:04:50: Das heißt, die Credits für zentrale Impulse, Gedanken und Ansätze, auf die wir eingehen,

00:04:55: zum Großteil an die eingeladenen Expert*innen, aber auch an die anwesenden Teilnehmenden

00:05:02: der erwähnten Veranstaltung und der Diskussion.

00:05:04: Wir bedanken uns ganz, ganz herzlich noch einmal für die Offenheit, das Vertrauen und Teilen

00:05:08: von euren Erfahrungen und dem Wissen.

00:05:11: Und deswegen wäre meine Frage, wenn du, Johara, jetzt zurück an die Veranstaltung denkst,

00:05:15: an den Austausch, mit welchem Gefühl bist du da rausgegangen, was hast du mitgenommen

00:05:20: und kannst du das beschreiben?

00:05:23: Ich bin mit dem Gefühl rausgegangen, dass die dekoloniale Bubble sozusagen da noch ein

00:05:28: bisschen Aufholbedarf hat.

00:05:30: Wir haben ja, hast du vorhin schon erwähnt, beide so ein bisschen die Beobachtung bisher

00:05:33: gehabt, dass in dekolonialen Prozessen Intersektionalität vielleicht so im Hinterkopf immer mitgedacht

00:05:38: wird, aber in der Praxis nicht so wirklich umgesetzt wird.

00:05:42: Und das, was die beiden Expert*innen in dem Fachgespräch gesagt haben, hat das auch

00:05:46: nochmal bestätigt, dass eigentlich aus der intersektionalen Perspektive dekolonialität

00:05:51: mitgedacht wird und mitbearbeitet wird, weil es untrennbar miteinander verwoben ist.

00:05:56: Aber wir haben das irgendwie noch nicht so richtig in unsere Umsetzung bekommen.

00:06:00: Und letzten Endes, wie gesagt, das ist etwas, was für mich, weil ich aber auch die Hälfte

00:06:04: meiner Studie, die ich in den Gennaz da, die es verbracht habe, irgendwie immer logisch

00:06:08: ist.

00:06:09: Weil manchmal sind ja die Dinge, die einem logisch erscheinen, die für einen selber irgendwie

00:06:12: immer mitlaufen, gar nicht so sich in der Arbeit unbedingt widerspiegeln.

00:06:16: Und meine Beobachtung ist, dass es vor allem die Communities noch fehlen in unserem Bündnis,

00:06:21: die schon intersektional arbeiten.

00:06:23: Und ich glaube, manchmal ist es einfach wichtig nochmal genau auszusprechen, wieso Dekolonisierung

00:06:28: per se ein intersektionales Thema ist.

00:06:30: Weil das, was wir auch in unserer Gesellschaft heute sehen und erleben, ist ja alles nicht

00:06:34: in einem luftleeren Raum entstanden.

00:06:36: Das heißt, die Rollenbilder, die wir haben, die Verständnisse von Geschlecht, von sexueller

00:06:41: Identität, von Aufteilungen in der Gesellschaft, von Machtverhältnissen, basiert ja auf einem

00:06:46: kolonialen Gedanken, und zwar dem, dass weiße, cis-männliche, heteronormative Perspektiven

00:06:52: etwas Neutrales sind, aus denen heraus sich die Gesellschaft strukturiert und aus denen

00:06:57: Perspektiven heraus Dinge als normal gelten.

00:07:00: Und das ist eigentlich egal, welchen Bereich man sich anschaut.

00:07:03: Es gibt für alles mittlerweile Studien.

00:07:04: Das ist alles auch nicht nur, was ja oft dann auch Intersektionalität oder auch Assismus

00:07:09: vorgeworfen wird.

00:07:10: Dass es immer noch auf so einer emotionalen Ebene alles gesehen wird.

00:07:13: Es gibt Studien und abstrahierte Beobachtungen dazu, dass angefangen bei der Strukturierung

00:07:20: von Stadt, wie wird Stadt ausgelegt, dass es sich an weißen, cis-heteronormativen Perspektiven

00:07:25: orientiert.

00:07:26: Meischer hat auch viel darüber gesprochen, wie zum Beispiel Universitäten weiterhin irgendwie

00:07:31: darauf pochen, exklusiv zu sein.

00:07:33: Exklusiv bedeutet aber eben nicht nur besonders gut, sondern auch besonders ausschließend.

00:07:38: Das heißt, Räume in Universitäten sind nicht gemacht für nicht weiße Menschen, für Menschen

00:07:43: mit Behinderungen.

00:07:44: Die sind nicht gemacht für Menschen, die nicht in einem Bildungsurgatum sozusagen aufgewachsen

00:07:49: sind, sondern aus einem Arbeiterbereich kommen.

00:07:51: Und all diese Menschen werden permanent ausgeschlossen.

00:07:53: In der Medizin kann man das wunderbar beobachten.

00:07:56: Es durchzieht alles und deswegen, weil auch der Ansatz von die Colonize Berlin zum Beispiel

00:08:01: der ist, dass wir uns auf alle möglichen unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereiche,

00:08:05: sei es Museen und Kultureinrichtungen, der öffentliche Raum, Wissenschaft und Bildung,

00:08:10: weil diese Bereiche spielen für uns eine Rolle und all diese Bereiche sind durchzogen

00:08:14: von diesen Bildern, von diesen Narrativen.

00:08:16: Und deswegen ist für mich Intersektionalität eben einfach etwas, was wie gesagt die ganze

00:08:21: Zeit mitläuft, eine Art Analysebrille, die man die ganze Zeit aufhaben muss.

00:08:25: Und ich wünsche mir, dass wir da einfach noch mehr in Zahndeln kommen.

00:08:28: Ja, danke schön.

00:08:29: Es sind schon sehr viele Aspekte und Punkte, die auch im Fachgespräch besprochen wurden,

00:08:35: dass ich nochmal aus der entwicklungspolitischen Barbe oder vom Bär heraus sagen kann, dass

00:08:40: der Bär die Dimension Rassismus oder vor allem Kolonialismus als Unrechtssystem anzuerkennen,

00:08:46: schon länger versucht zu bearbeiten und als zentrale Dimensionen sieht.

00:08:51: Und dann aber die Frage, warum und wie können wir intersektionaler denken?

00:08:55: Ich fand das ganz schön, dass du gesagt hast, dass das schon mitschwingt und wir diese Brille

00:09:00: vielleicht schon aufhaben und aber nochmal ausdifferenzieren können und sollen.

00:09:05: Was bedeutet das für uns in der Praxis?

00:09:07: Wie können wir da ins Handeln kommen?

00:09:09: Ich fand auch total wichtig, dass nochmal deutlich gemacht wurde, dass es darum auch geht,

00:09:13: aufzuzeigen, wenn wir eben diese Dimension Kolonialismus und Rassismus so zentral sehen,

00:09:19: wie stark das Patriarchat mit Kolonialismus und Rassismus verbunden ist und eben auch,

00:09:24: dass die Kapitalismuskritische Ebene da zentral mit drin hängt.

00:09:28: Was ich auch spannend fand vor dem Hintergrund der Frage, wen schließen wir denn aus,

00:09:32: wenn wir noch nicht so intersektional arbeiten?

00:09:34: Die Dimension Abelismus, die bisher bei uns im Bär vielleicht noch nicht ganz auf dem

00:09:40: Schirm war oder weil die verschiedene Arbeitskontext und Bereiche sich noch nicht tiefgehend

00:09:46: oder zentral damit beschäftigt haben, fand ich den Fokus oder den Schwerpunkt auch nochmal

00:09:50: sehr interessant.

00:09:51: Ja, genau.

00:09:52: Ich glaube, was für mich in der Veranstaltung auch nochmal deutlich geworden ist bei dem,

00:09:55: was du gerade sagst, ist diese Selbstreflexivität in den Communities.

00:09:59: Unminismus denkt oft, dass alle Menschen sozusagen immer mit gemeint sind, aber es ist so eine,

00:10:05: das ist im Patriarchat ja auch komplett vorhanden.

00:10:08: Also wir meinen immer alle mit und wir meinen es gut, aber nur, wenn wir mit den Menschen

00:10:11: wirklich in den Dialog gehen und nicht antizipieren, was sie denn brauchen, sondern ihre Lebensrealitäten

00:10:16: anerkennen und realisieren, wie viele Intersektionen es eben gibt.

00:10:20: Also, dass eine schwarze Frau aus der Working Class, die vielleicht auch noch queer ist und

00:10:26: vielleicht neurodiverse, andere Bedürfnisse hat und deswegen sich nicht damit gesehen

00:10:31: fühlt, wie weiße Feminist*innen aus einer Akademikerbubble ihre Prozesse sozusagen oder ihre Kämpfe strukturieren.

00:10:38: Also das, ja, ich glaube, es ist einfach wirklich essentiell, mit den Menschen in den Dialog zu

00:10:42: gehen und Power Sharing zu betreiben.

00:10:44: Ja, das sind auf jeden Fall auch nochmal gute Stichpunkte.

00:10:47: Was ich schön fand, war zuzulassen, dass wir nie am Ende sind.

00:10:51: Das sind Prozesse, in denen wir uns befinden, die wir anstoßen und dass wir auch ertragen

00:10:56: müssen oder damit leben müssen, dass wir gewisse Menschen ausschließen.

00:11:00: Aber das mitzukriegen und mitzudenken macht ja auch einen Teil, sehr, sehr, sehr wichtigen

00:11:04: Teil von diesen Prozessen aus.

00:11:06: Auf jeden Fall.

00:11:07: Und das aber auch als Konsequenz daraus, dann eben auf Menschen zuzugehen, die wir bisher

00:11:13: ausgeschlossen haben.

00:11:14: Warum ich das gesagt habe, weil als wir uns die Frage gestellt haben, haben wir auch

00:11:17: überlegt, warum könnte es so sein, dass von gewissen, nicht mal spezifisch Menschen,

00:11:21: aber Räumen und Gruppen vielleicht auch so eine Überforderung ausgeht.

00:11:25: Überforderung von der Komplexität, Intersektionalität, was meint es, alle versuchen mitzudenken,

00:11:31: alle Ebenen.

00:11:32: Was dann schnell gesagt wird, auch das noch und das ist zu viel zu überfordern, das können

00:11:36: wir nicht machen.

00:11:37: Und da fand ich diesen Moment nochmal innehalten.

00:11:39: Das bedeutet das dann jetzt um dieses Selbstreflexiv, was du gesagt hast, sehr, sehr wichtig.

00:11:44: Auch die Perspektiven von Sarah Mouani von iPad aus der Praxis fand ich total gut und

00:11:50: greifbar.

00:11:51: Ich hatte auch das Gefühl, in dem Raum, den ich auch sehr heilsam erlebt und empfunden

00:11:56: habe, dass wir runterkommen oder es beides funktioniert hat, auf einer theoretischen

00:12:00: Ebene über Konzepte zu sprechen, aber auch in der Praxis.

00:12:03: Was bedeutet das jetzt?

00:12:04: Auf jeden Fall, ja, wir haben uns im Vorfeld, wie du gesagt hast, viel darüber unterhalten,

00:12:07: wieso viele Menschen sich so überfordert fühlen von diesem Thema der Intersektionalität.

00:12:11: Und ich habe vor Kurzem mit einem Bekannten, der auch im dekolonialen Bereich arbeitet,

00:12:15: gesprochen.

00:12:16: Der hat auch mal, der weiß gar nicht, wo er anfangen soll.

00:12:18: Und dann habe ich jemand auch gesagt, na ja, letzten Endes ist ein Einstieg einfach anzuerkennen

00:12:22: und zu sehen, mit wem redest du gerade.

00:12:24: Die Positionierung von Menschen, sich einfach mal anzuhören.

00:12:27: Und deswegen fand ich es super spannend, was Sarah berichtet hat, weil ich glaube, aus meinem

00:12:32: eigenen Erleben, ich habe bevor ich in die dekoloniale Arbeit gekommen bin im Bereich

00:12:36: mit Menschen mit Behinderung gearbeitet.

00:12:38: Und ich glaube, es sind oft einfach Berührungsängste.

00:12:41: Und im Alltag ist die Positionierung manchmal auch gar nicht so sichtbar und deswegen auch

00:12:45: nicht greifbar.

00:12:46: Aber in dem Moment, wo wir zusammenkommen und einfach zuhören, macht es die Sache oft

00:12:52: einfacher.

00:12:53: Ich habe Freund*innen, die den, glaube ich, diversen Freund*innenkreis haben, den ich

00:12:58: erlebt habe.

00:12:59: Und ich habe gemerkt, wie viel Einschluss das darauf hat, wie ich dann auch durch die

00:13:02: Welt gehe.

00:13:03: Wenn ich mit einer befreundeten Person im Rollstuhl unterwegs bin, fällt mir auf, wo es überall

00:13:07: Zugangsschwierigkeiten gibt.

00:13:08: Wenn ich mit einer befreundeten Person unterwegs bin, die neurodivers ist, fällt mir noch mehr

00:13:12: auf, wie laut oder wie anstrengend das ist für jemanden, der die Welt anders wahrnimmt.

00:13:17: Wenn ich mit einer Darkskinned-Personen unterwegs bin, sehe ich, wie auf sie reagiert wird

00:13:22: und so weiter und so fort.

00:13:24: Und deswegen glaube ich auch, dass dieser Austausch, den wir hatten, aus Akademia und

00:13:28: Praxis total hilfreich war, um einmal eben natürlich das Ganze noch mal theoretisch zu

00:13:33: unterfüttern.

00:13:34: Aber eben auch zu sehen, was passiert, wenn wir wirklich mit, Maischer spricht immer von

00:13:38: einer hyperdiversen Stadtgesellschaft.

00:13:40: Wenn wir mit dieser hyperdiversen Stadtgesellschaft wirklich in den Dialog gehen und das auf

00:13:44: Augen hören.

00:13:45: Also ich habe für einen Offen Power Sharing gesprochen, ich glaube, wir müssen uns unsere

00:13:48: eigenen Privilegien auch einfach immer bewusst sein.

00:13:51: Die Strukturen, in denen wir arbeiten, sind hart erkämpft.

00:13:55: Das will ich überhaupt nicht irgendwie kleinreden.

00:13:57: Aber nichtsdestotrotz sind wir mittlerweile in priviligierteren Positionen, als wir es

00:14:02: vielleicht noch vor 10, 20 Jahren waren oder als wir als Individuen sind.

00:14:06: Das heißt, wir müssen uns auch einfach dessen bewusst sein, dass wir eine bestimmte Macht

00:14:09: haben, mit dieser Macht kritisch umgehen und sie teilen.

00:14:12: Damit wir eben nicht in dem gleichen Sinne wie Patriarchat, wie eine weiße Dominanzgesellschaft,

00:14:19: dann eben so ein Stückchen von dem Kuchen abgeben, in dem wir mal jemanden kurz sprechen

00:14:23: lassen, sondern sagen, okay, alle an Bord und wir machen das zusammen.

00:14:26: Ja, vielen Dank.

00:14:27: Jim Baer versuchen wir auch nochmal einen machkritischen Selbstverständigungsprozess

00:14:31: mit anzustoßen.

00:14:32: Das heißt, bei aller Gute Arbeit, die schon passiert, nochmal nicht einen Schritt zurück,

00:14:37: sondern innehalten, Pause.

00:14:39: Und was bedeutet das für uns nach dem Blick nach innen oder auf die eigene Struktur

00:14:44: und die eigene Organisation richten?

00:14:46: Ich glaube, man kann ganz gut dazu überleiten zu Räumen und Institutionen, dass bestimmte

00:14:51: Räume für bestimmte Menschen nicht gemacht sind und dass Decolonialität an Schutz interessiert

00:14:58: ist.

00:14:59: Und vielleicht um es zusammenzufassen, was bei mir noch hängen geblieben ist, dass nicht

00:15:04: zuletzt es darum geht, dass wir Institutionen in die Verantwortung ziehen, was ich total

00:15:09: wichtig und gut fand auch nochmal diesen...

00:15:11: Das ist ein Hinweis, dass historisch marginalisiert immer eine Anpassungsarbeit leisten.

00:15:16: Die Themen setzen oft.

00:15:18: Aber was ist denn mit Intersektionalität oder Rassismuskritik?

00:15:22: Und wie können wir es schaffen, das umzukehren, indem wir fragen oder fordern, dass die Institutionen,

00:15:27: die gewisse Menschen, Lebensrealitäten nicht mitdenken oder gar nicht so konzipiert und ausgelegt sind,

00:15:33: dass sie die Last tragen und die Aufarbeitung machen oder Arbeit machen.

00:15:37: Weiße Personen oder weiße Institutionen quasi auch Reparation reparieren.

00:15:43: Und auch nochmal die Menschen, die ja da sind, die diversen Menschen, die die Institutionen bereichern,

00:15:49: mit ihrem Wissen, mit den Konzepten, mit den Gedanken anreizen.

00:15:53: Das ist darum geht dies anzuerkennen und sichtbar zu machen und ja auch ein bisschen diese Anerkennung umverteilen.

00:16:00: Was auch so ein bisschen anschließt an, was wir uns für Gedanken gemacht hatten,

00:16:03: wie wir umgehen mit diesem Whitewashing und der Aneignung von Konzepten und Begriffen natürlich.

00:16:08: Menschen geben viel rein und dann labeln sich auch viele mit gewissen Begriffen.

00:16:13: Ich glaube, es fiel auch der Begriff "rhetorische Modernisierung", das dann gar nicht mehr so viel drinsteckt,

00:16:19: aber ein Begriff draufklebt.

00:16:21: Was bedeutet das dann? Was ist das wieder für eine Aneignung?

00:16:24: Was uns ja auch mit beschäftigt.

00:16:26: Und ich finde, es wurde sehr greifbar, als es nochmal erwähnt wurde, dass es um Schutz und Teilhabe auch geht.

00:16:32: Und die Institutionen nicht dieses Wissen haben oder nicht die Bereitschaft, da was aufzuarbeiten und aufzufangen.

00:16:39: Und wie kann es uns gelingen, den zurückzufragen oder den Ball zurückzuspielen?

00:16:44: Was sind denn eure Schutzlücken? Wo sind wir nicht geschützt und was macht ihr dafür?

00:16:49: Welche Ressourcen wendet ihr dafür auf, um ein bisschen wegzukommen aus zum Beispiel schwarze oder rassifizierte Personen,

00:16:56: müssen dann noch Aufarbeitungsarbeit machen, schauen, wo sie Kern, Repair finden.

00:17:02: Im Sinne von auch ein Powerment.

00:17:04: Und das ist vielleicht auch noch mal zurück zu diesem Power Sharing, was du meintest.

00:17:08: Also ich glaube, dass es schon wichtig ist, aus einer betroffenen Perspektive, die aber auch eine fachliche Expertise mitbringt

00:17:16: und auch in einem bestimmten Raum stattfindet.

00:17:18: Das heißt, was du gesagt hast, in Institutionen hast du oft Menschen, die selbst betroffen sind und die dann eine zusätzliche Arbeit leisten sollen,

00:17:25: weil sie selber diejenigen sind, die ansprechen, wo noch die Lücken sind, im Wissen, in Schutzräumen, wie auch immer.

00:17:31: Aber in dem Moment muss eben ein Schutzraum dann greifen und dann sind die Institutionen eigentlich gezwungen,

00:17:36: eben nicht nur dieses Wissen sich anzueignen, das auf jeden Fall, aber auch wirklich selbstkritisch damit umzugehen.

00:17:42: Das heißt, es bringt nichts, wenn in Universitäten jetzt mittlerweile Diversität oder auch ein Unternehmen,

00:17:49: Diversität irgendwie ein Wort ist, was gerne draufgepackt wird und dann hört man sich vielleicht auch noch an,

00:17:53: welche Strategien man fahren muss, um mehr Menschen einzustellen, die von Diskriminierung betroffen sind.

00:17:59: Da darfst du aber nicht enden, sondern es braucht dann, wie du sagst, eine Institution, die bereit ist, die Mehrarbeit zu machen.

00:18:05: Und das heißt für mich, Expert*innen von außen einzuladen und die Arbeit nicht auf die Menschen abzuwälzen, die sowieso schon da sind,

00:18:12: die aber für andere Sachen da sind.

00:18:13: Das ist ja auch wirklich so ein ganz klassisches Ding in allen Diskriminierungsformen.

00:18:19: Rassismus sagt man das, glaube ich, öfter. Rassismus ist auch so strukturiert, dass er dich ablängt.

00:18:24: Er hält uns immer beschäftigt.

00:18:25: Wir haben immer noch eine Mehrarbeit, die wir zu dem tun, weshalb wir eigentlich da sind,

00:18:30: weil wir abgelenkt werden von Diskriminierung, die uns selber betreffen, weil wir die Menschen kostenlos mitbilden

00:18:35: und dann aber auch nochmal den Schaden sozusagen haben, uns hinterher Räume zu suchen, wo wir uns wieder aufladen können,

00:18:41: wo wir die Sachen verarbeiten können, die passiert sind.

00:18:44: Und deswegen braucht es meiner Meinung nach auf jeden Fall die Bereitschaft von Institutionen längerfristig und nicht nur mit einem,

00:18:51: zwei Workshops sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, sondern tatsächlich in die Umsetzung zu gehen und die Arbeit selber zu machen.

00:18:58: Das heißt dann eben nicht nur ein Antirassismus Seminar, sondern auch noch ein Critical-Wide-Nest-Seminar.

00:19:03: Und dann stören wieder alle auf, was sollen wir denn noch alles extra tun.

00:19:06: Aber ich muss gestehen, nicht nur ich, sondern auch viele andere Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind,

00:19:10: sind mittlerweile an einem Punkt, wo wir sagen, wir möchten nicht mehr ständig bitten.

00:19:14: Es ist nicht nett von euch, dass ihr das tut, das ist eure Verantwortung, denn ihr profitiert bis heute vom Neocolonialismus.

00:19:21: Das tun wir auch, weil wir im Westen leben, gar keine Frage.

00:19:23: Aber Strukturen, die uns heute noch diskriminieren, basieren darauf.

00:19:27: Deswegen finde ich, sollte es kein nettes Extra mehr sein, sondern verpflichtend und nicht erst auf viel Bitten und Flähen hin passieren.

00:19:35: Ich habe so ein bisschen die Befürchtung bei der aktuellen politischen Lage, dass das sehr utopisch ist,

00:19:41: aber es wäre wünschenswert.

00:19:42: Und ich glaube, es kann nur funktionieren, wenn man sich langfristig damit auseinandersetzt.

00:19:48: Also ich finde, zum Beispiel im schulischen Bereich ist ein super Beispiel Schule gegen Rassismus, Schule für Courage.

00:19:55: Ich glaube, so heißt diese Plakette.

00:19:56: Ich kenne keine Schule, an der diese Plakette hängt, die längerfristig, außer vielleicht noch eine selbst organisierte AG von Schüler*innen,

00:20:03: die langfristig, nachdem sie diese Plakette bekommen hat, auch wirklich diese Arbeit leistet.

00:20:08: Das ist eher das Gegenteil, wie du gesagt hast.

00:20:09: Wir haben ja jetzt was gemacht, wir haben die Box abgehakt und jetzt können wir diese Plakette dahin hängen.

00:20:14: Und das klingt total toll.

00:20:15: Wenn Schüler*innen akquirieren wollen, wenn wir Eltern bewusst machen oder klar machen wollen,

00:20:19: dass wir ja total offen und gegen Rassismus sind.

00:20:22: Aber die Strukturen haben sich dann immer noch nicht geändert und da sehe ich eine große Gefahr drin.

00:20:26: Und ich bin gespannt, wie sich das in den nächsten Jahren entwickelt.

00:20:28: Es gibt tolle andere Konzepte.

00:20:30: Also ich werde mich irgendwie aus meinem Privatleben kurz plaudern kann.

00:20:33: Ich hatte die Situation an der Schule von meinen Kindern,

00:20:36: dass auch wieder ich als betroffene Person auf einen Missstand aufmerksam gemacht habe.

00:20:40: Die Lehrerin hat es nicht verstanden.

00:20:42: Die Schulleiterin war Gott sei Dank sehr offen und hat dann auch gleich den Plan gehabt.

00:20:46: Sie hat mich gefragt, weil ich gesagt habe, ich komme aus dem Bereich.

00:20:48: Ich kann sie gerne kurz mal beraten.

00:20:50: Natürlich kostenlos oben drauf.

00:20:51: So viel Symptima, mehr Arbeit unbezahlt.

00:20:53: Aber ich habe halt ein Interesse daran, weil meine Kinder dort zur Schule gehen

00:20:56: und auch noch viele Jahre zur Schule gehen werden.

00:20:58: Und sie hat mich dann gefragt, meinte, ja, ich würde dann dieses Programm mit einer Schule gegen Rassismus,

00:21:02: mit Courage machen.

00:21:03: Dann habe ich halt gesagt, na ja, meine Erfahrung damit ist nicht so gut.

00:21:06: Ich glaube auch, dass viele Personen sich davon abgeschreckt fühlen

00:21:10: und sich angegriffen fühlen.

00:21:12: Und es gibt ein Konzept von dem Epizia im Haus, was ich dann vorgeschlagen habe.

00:21:15: Und ich finde die Herangehensweise total gut, weil sie von einer fairen Schule ausgehen.

00:21:20: Sie sagen, wir wollen eine faire Schule, in der jede Person sich gesehen fühlt

00:21:24: und in der jede Person diskriminierungsfrei leben kann.

00:21:28: Und ich glaube, damit kriegt man dann alle sozusagen in ein Boot.

00:21:31: Wenn man sagt, wir möchten fair miteinander umgehen, was heißt das aus der Lehrer*innenperspektive,

00:21:34: was heißt das aus der Erzieher*innenperspektive,

00:21:36: was heißt das aus der Perspektive von den Angestellten in der Cafeteria,

00:21:40: von den Kindern, von externen Dienstleistern, die da vielleicht dann auch noch irgendwie was machen.

00:21:44: Also das wäre so in meiner Idealforstellung.

00:21:47: Wir sehen das Individuum, wir sehen, dass es unterschiedliche Bedürfnisse gibt.

00:21:51: Und dann kann man über den Weg auch noch auf Diskriminierungsformen eingehen.

00:21:55: Das erschließt sich dann automatisch.

00:21:56: Aber du gehst halt erst mal davon aus, dass wir alle gleichberechtigt miteinander leben wollen.

00:22:00: Und was ich toll finde ist, dass natürlich, weil das Epizia auch eben für globales Lernen zuständig ist,

00:22:05: dass sie dann auch noch die Perspektive haben mit ein faires Miteinander in der Welt.

00:22:08: Wo kommt mein Essen her? Wo kommt meine Kleidung her?

00:22:10: Wie möchte ich, dass sie produziert wird?

00:22:12: Find ich das fair als Kind zum Beispiel,

00:22:14: wenn in anderen Ländern andere Kinder meine Kleidung herstellen und nicht zur Schule gehen können.

00:22:18: Also ich glaube, um so diese Überforderungen mit dem,

00:22:22: was sollen wir denn jetzt alles noch machen und noch intersektional denken,

00:22:25: kann man oft so ein bisschen umgehen und die Tür öffnen erst mal,

00:22:29: indem man sagt, wie möchtest du denn behandelt werden?

00:22:31: Was wünschst du dir?

00:22:32: Möchtest du, wenn du eine Gehbehinderung hast, weil du dir mal irgendwann deinen Miniskus gerissen hast,

00:22:36: möchtest du dann gezwungen sein, immer in den vierten Stock zu gehen

00:22:40: oder merkst du, dass dich das beeinträchtigt in deinem Alltag?

00:22:43: Und darüber dann zu sagen, so mich beeinträchtigt es halt,

00:22:46: wenn du, weil ich den Namen XYZ trage und die und die Hautfarbe habe,

00:22:50: du davon ausgehst, dass ich überhaupt nicht in der Lage bin, das und das zu denken

00:22:54: oder die und die Leistung zu erbringen.

00:22:55: Ich glaube, das öffnet eher einen Dialog, als dann mit so vermeintlich starren Konzepten zu kommen.

00:23:01: Ja, danke fürs Teilen und auch nochmal aus deinem privaten Bereich zu hören.

00:23:06: Ich finde, das macht das nochmal sehr praktischer und greifbarer.

00:23:09: Vielen Dank dafür.

00:23:10: Dieser Zeitaspekt finde ich so wichtig.

00:23:12: Der schwirrt überall rum und irgendwie viele wissen es,

00:23:16: aber nehmen wir uns die Zeit ja oder nein.

00:23:18: Das ist sehr schwierig und dieses langfristig Denken und Überlegen und nochmal in Dialog gehen.

00:23:24: Das wurde sehr klar gerade an deiner Geschichte.

00:23:27: Und bei Zeit, das ist halt ein Aspekt, wenn wir in dem kapitalistischen Denken bleiben

00:23:33: und einen neoliberalen Umgang mit Zeit haben, da funktioniert es halt nicht.

00:23:37: Also es heißt, um das Nummer der Vollständigkeit halber zu sagen,

00:23:40: der Kapitalismuskritik ist natürlich auch immer in dem dekolonialen und intersektionalen Denken mit drin,

00:23:45: weil wenn Zeit immer nur verwertbar sein muss und effizient genutzt werden muss,

00:23:49: dann fallen solche Sachen hinten runter.

00:23:50: Aber letzten Endes und auch dazu gibt es Studien, fällt uns das hinten auf die Füße,

00:23:54: wenn wir uns alle immer nur in Räumen bewegen, von denen wir uns permanent erholen müssen,

00:23:58: sind wir weniger produktiv und dann bringt das letzten Endes auch dem Arbeitgeber,

00:24:01: auch der Wirtschaft nicht mehr, wenn wir uns nicht die Zeit nehmen, uns mit diesen Dingen auseinanderzusetzen.

00:24:06: Ja, auf jeden Fall.

00:24:07: So wichtige Aspekte oder unser Fazit.

00:24:09: Zeit nehmen, Zeit einfordern, ist es auch nicht mehr an der Zeit nur ein nettes Extra,

00:24:15: sondern wir fordern das auch.

00:24:17: Und was ich auch wichtig finde, ist auch eine Bereitschaft für Schmerz.

00:24:21: Es können auch schmerzhafte Prozesse sein,

00:24:24: aber dazu müssen wir jetzt bereit sein.

00:24:26: Ich finde es faszinierend, dass die Dominanzgesellschaft damit immer noch durchkommt,

00:24:29: weil Menschen mit Migrationsgeschichte machen mittlerweile 55 Prozent der deutschen Gesellschaft aus,

00:24:35: die so nicht mitgedacht werden, die aber mittlerweile ein Großteil der Gesellschaft ausmachen.

00:24:39: Und ich finde es faszinierend, wie dieses Narrativ aufrechterhalten wird,

00:24:42: dass wir alle Diskriminierten, alle Maginialisierten immer noch die Bittsteller sind.

00:24:46: Ich würde es total spannend finden, so als soziales Experiment mal zu gucken, was passiert,

00:24:50: wenn wir alle streiken, wenn wir alle, die zum Beispiel negativ von einer echten Politik betroffen werden,

00:24:56: einen Tag lang mal sagen, wir arbeiten nicht.

00:24:58: Wer pflegt die Angehörigen, wer kümmert sich um die Kinder, wer kassiert an der Kasse,

00:25:02: wer führt Operationen durch, wer reinigt und so weiter und so fort.

00:25:06: Also ich finde, es ist eigentlich nicht mehr an der Zeit und es ist nicht mehr zeitgemäß,

00:25:11: all diese Menschen auszuschließen und zu erwarten, dass wir permanent die Anpassungsleistung erbringen.

00:25:15: Ja, auf jeden Fall. Da gehe ich total mit.

00:25:17: Ich wollte noch zum Ende hin unseres Gesprächs auf Strategien oder wie sind wir rausgegangen,

00:25:23: wie kann es jetzt weitergehen, was bedeutet das für unsere Praxis.

00:25:26: Und ich fand total schön einen Moment oder was sehr zentral ist.

00:25:30: So eine Kleinigkeit, die so viel ausmacht, immer zu zweit zu arbeiten, wenn man die Möglichkeiten hat.

00:25:36: Zu zweit zu arbeiten, in Räume sich zu begeben.

00:25:39: Da haben wir auch noch mal die körperliche Dimension.

00:25:42: Weil dann zwei Körper, wie hast du so schön gesagt, bieten dann unterschiedliche Reflexionsflächen

00:25:48: und können auch noch mal ganz andere Dinge und Verstörungen auffangen.

00:25:53: Das finde ich total wichtig, nehme ich auf jeden Fall mit, wenn ich die Chance und Möglichkeit habe,

00:25:56: mich zu stärken und zu zweit zu arbeiten.

00:25:59: Und da möchte ich auch noch mal ganz großes Danke sagen.

00:26:02: Ich finde unsere bisherige und jetzt Zusammenarbeit und die Vorbereitung auf unsere Veranstaltungen

00:26:07: war total schön und heilsam und eine ganz wichtige gute Erfahrung für mich gerade.

00:26:11: Und was ich auch noch mitgenommen habe war, weil du davon auch noch mal gesprochen hattest,

00:26:16: von dieser Anpassungsarbeit und Aufarbeitung oder Reparation, die wir machen,

00:26:21: müssen Strategien zu überlegen oder Räume zu schaffen, um auch zu heilen und zu trauern.

00:26:26: Und auch ganz, ganz, ganz zentral war für mich dieser Moment vom Gemeinsam, vom Kollektiv,

00:26:32: dass wir auch ausgehen von zum Beispiel auf der inhaltlichen Ebene, Decolonisierung soll,

00:26:37: die Querschnittsaufgabe sein, verstehen wir so und wollen wir auch als Bär in allen

00:26:41: entwickelungspolitischen Themenfeldern so verankern und die Unrechtssysteme zusammen analysieren.

00:26:47: Und dieses Gemeinsam auf dieser inhaltlichen Ebene, aber auch wir als Menschen,

00:26:51: Individuen, Organisation, Strukturen, im Sinne von kollektiver Arbeit und Fürsorge auch,

00:26:57: um das überhaupt auffangen zu können.

00:26:59: Und dass ich wichtig finde, dass wir auch den Fokus auf die Arbeit mit Emotionen und Widerständen auch legen,

00:27:05: dass wir uns dafür auch Raum und Zeit nehmen können und sollten.

00:27:08: Auf jeden Fall, also das, was du gerade mit den Körpern auch noch gesagt hast,

00:27:11: wenn Menschen, die selber von Diskriminierung betroffen sind, diese Arbeit machen,

00:27:15: schwingt immer die Ebene mit, dass, wenn ich mich in einen Antidiskriminierungsworkshop zum Beispiel,

00:27:20: wenn ich den jetzt geben würde, dann habe ich ja oder auch in einer Beratung,

00:27:22: dann habe ich ja mit Situationen zu tun, die Menschen zu stoßen.

00:27:26: Ich höre ihnen zu, ich möchte sie empowern, ich möchte versuchen, mit ihnen gemeinsam Strategien zu entwickeln.

00:27:30: Aber gleichzeitig dockt es ja auch an Traumata an, mit dem Wort Traumata wird in letzter Zeit immer sehr viel um sich geworfen,

00:27:37: aber es dockt ja an Verletzungen, an die ich selber habe, um das jetzt nochmal ein bisschen anders zu formulieren.

00:27:42: Die haben natürlich in einer professionellen Situation nichts zu tun,

00:27:46: aber dann darf man nicht vergessen, dass man diese Arbeit im Nachhinein noch machen muss.

00:27:50: Und da waren wir letztens ja gemeinsam auch bei einer Weiterbildung vom RAA und das fand ich total klasse,

00:27:54: dass da wirklich diese Dimension immer mitgedacht wurde von, das staut sich in meinem Körper an,

00:27:59: wenn ich mich mit Themen auseinandersetze, die selber was mit mir machen.

00:28:02: Und die muss sich dann auch wieder loslassen, damit sich das nicht immer weiter aufbaut

00:28:06: und man dann irgendwann so ein Stapel an Emotionen in seinem eigenen Körper hat.

00:28:09: Und das hast du gesagt, das braucht halt auch Räume, das braucht am Powermind-Räum,

00:28:13: es braucht saver Spaces für Menschen, die diese Arbeit machen,

00:28:16: um einfach mal einen Raum zu haben, wo man sich nicht permanent erklären muss

00:28:19: und seine eigenen Erfahrungen vielleicht auch noch rechtfertigen muss.

00:28:22: Aber es braucht eben im Nachhinein dann auch noch die Möglichkeit,

00:28:25: dass sich setzen lassen und der Reflexion und weil du für noch von Strategien gesprochen hast,

00:28:30: es kam bei der Veranstaltung auch von einigen Teilnehmer*innen der Vorschlag,

00:28:34: dass es nochmal so eine Strategie treffen braucht.

00:28:36: Genau, ja.

00:28:36: Ich finde das wahnsinnig wichtig, dass das für ihn auch kurz angesprochen ist,

00:28:40: braucht Zeit außerhalb des Arbeitsalltages, in der man sich,

00:28:44: und das ist jetzt egal, das ist jetzt gar nicht nur darauf bezogen,

00:28:46: sondern auch auf eine ganz normale, in Anführungszeichen, Organisationsentwicklung,

00:28:50: jeder kennt Klausurtage.

00:28:52: Und das sollten Räume sein, in denen man abseits vom Alltagsstress

00:28:55: einfach nochmal reflektieren kann, schauen kann, wo man steht,

00:28:58: wo man hin möchte und wie man dorthin kommt.

00:29:00: Und ich finde das wahnsinnig wichtig, auch speziell jetzt in diesem Themenbereich,

00:29:04: in dem wir gerade sind, um nicht hastig irgendwas, was nicht nachhaltig ist,

00:29:08: was nicht wirklich umsetzbar ist, sich die Zeit zu nehmen und wirklich zu überlegen,

00:29:12: was möchten wir und wie können wir da hinkommen?

00:29:15: Ich fand das jetzt einfach nochmal auch gut, dieses Fachgespräch zu haben,

00:29:18: weil wir von "Die Colonize Berlin"

00:29:20: - wir haben letztes Jahr das erste bundesweite Vernetzungstreffen gemacht -

00:29:23: und wir werden dieses Jahr auch wieder eins machen im Oktober.

00:29:25: Da haben wir auch das Thema Intersektionalität in den Vordergrund gestellt,

00:29:28: weil ich glaube, jetzt gerade ist es wichtiger denn je,

00:29:31: dass so viele Communities wie möglich gemeinsam an einem Strang ziehen und gucken,

00:29:35: wie können wir gemeinsam die Gesellschaft so formen,

00:29:38: dass wir darin leben können, ohne permanent Schaden davon zu tragen.

00:29:42: Vielen, vielen lieben Dank.

00:29:43: Du hast es gut zusammengefasst, finde ich, und auch nochmal in Richtung Strategie.

00:29:46: Wie geht es weiter?

00:29:47: Wo stehen wir jetzt?

00:29:49: Viele Sachen gesagt.

00:29:50: Ich freue mich schon sehr auf das nächste bundesweite Vernetzungstreffen.

00:29:53: Und ich nehme auf jeden Fall diese Ebene von Zeit,

00:29:57: längerfristig, Denken, Prozesse, nachhaltig gestalten.

00:30:01: Dafür brauchen wir Zeit auf jeden Fall mit und wir bleiben dran

00:30:04: und bearbeiten die Themen und die Fragestellungen weiter.

00:30:07: Vielen lieben Dank und auch vielen lieben Dank an "Cantara Productions".

00:30:10: Danke für die Einladung.

00:30:12: [Musik]

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